Samstag, 13. Oktober 2007

Reflektionen "mögliche Entwicklung" statt "nachhaltige Entwicklung"

Komisch, dieses Aufbaustudium verdreht mir echt den Kopf, bin immer etwas verwirrt wenn ich Samstag aus der Uni auf dem Nachhauseweg bin. Heute zum Beispiel hat uns eine Architektin/Stadtplanerin uns ihre Wahrheiten, bzw. ihre Ergebnisse oder Folgerungen ihrer Forschung im Thema Stadtentwicklung, Politik und Globalisierung näher gebracht. Superwichtig für den Erfolg und die Kontinuität eines Projektes das der politisch Wille und ein Regierungsprogramm auch über die Wahlperiode hinaus vorhanden sein muss, eine ökonomische Stabilität und Projektvorschläge existieren. Für sie ist die "nachhaltige Entwicklung" ein Modewort, das jeder benutzt und es nicht ernst genommen werden kann, für sie klingt es besser es eine "mögliche" Entwicklung zu nennen, was wie ich finde sehr aus dem Planerhirn kommt. Aber sie in dem Recht hat, das man im sozialökonomischen, politischen und kulturellen Rahmen Möglichkeiten zur Entwicklung vorsieht, plant und vor allen Dingen es MÖGLICH ist die Projekte ausführbar zu entwerfen. Argentinien hat damit so seine Schwierigkeiten, da verschiedene Institutionen, Ministerien, Dinge oder Projekte bewilligen die sich widersprechen und Ernsthaftigkeit bezweifeln lassen. Naja, ich suche den Austausch mit meinen Studienkollegen, was mir oft ganz gut hilft etwas klarer zu sehen.

Später bin ich mit einem Studienkollege (Julian) nach San Isidro in das Gebiet der Urbanisierung der Villa Miseria gefahren um mir zu zeigen in welchem Projekt er zugange ist. Er arbeitet für die Gemeinde, ist Architekt und plante die Häuser, das Gesundheitszentrum, Zugänge, Straßen, Versorgungen und den ganzen Ablauf der Urbanisierung und ist schon seit einem Jahr dabei dieses Projekt umzusetzen. Heute habe ich einen kleinen Ausschnitt des täglichen Verhandelns, Erklären (3-6 mal wiederholen), beruhigen, kontrollieren, schlichten, sich beherrschen und professionell zu agieren. War echt beeindruckt. Er wurde vom Chef des Projektes gebeten nachzusehen, ob die gewisse Familie X auf dem Dach der Nachbarin Y baut. Bis wir die interne Straße, die Beteiligten und den Zustand begutachten konnten, wurde Julian von vielen Nachbarn angehalten und befragt bzw. mehr oder weniger aggressiv mit Vorwürfen bombardiert. Ich erzähl mal kurz die Geschichte. Nachbar P (mafiosotyp, gross, ein brocken) baut mitten auf der Strasse ein neues Zimmer (in der villa baut man, wo platz ist ohne solidarische regeln, eher nach regeln der Mafia und den "ich kann tun was ich will" regeln). Dieses Gebiet wird eines der nächsten Gebiete sein, die urbanisiert werden. Julian sagte ihm, das er sofort stoppen soll und er sich bitte an die regeln halten soll, nicht unnötig material, Energie und Geld zu verschwenden, da dieser neubau sowohl als auch abgerissen wird. Julian schlug ihm vor seine Sache auf den "Tisch" (mit dem Programmbüro) zu bringen, wo nach anderen Möglichkeiten gemeinsam gesucht und entschieden wird. Nachbar P wollte davon nichts wissen. Nun zu heute Nachmittag. Der Nachbar P kam auf uns zu mit seiner Masse und einem Kompanero und fragte Julian warum er die Polizei geschickt hat und sie ihn in den Knast gesteckt haben. Was das soll und das er sich wie ein Verbrecher vorkommt. Julian erklärte 5 bis 9 mal das er nicht die Polizei geschickt hat und es nicht in seinem Aufgabenbereich liegt mit der Polizei zu kommunizieren. Seine Aufgabe war mit Nachbar P zu sprechen, ihm die Möglichkeiten zu erklären, die Konsequenzen seiner Handlungen zu definieren. Nachbar P zeigte sich nicht kooperativ und wirft ihm alle möglichen Dinge an den Kopf. Uff, ich fühlte mich etwas komisch. aber Julian hat mit seinen wiederholenden Erklärungen und emotionaler Distanz ihn stoppen und mehr oder weniger überzeugen können das er nicht tun kann was er will. Bueno, dann die Sache mit dem vorgeblichen Neubau auf dem Dach der Nachbarin, war nicht legitim, bzw. haben wir keine Baumaterialien oder Baufortschritte gesehen. Diese Probleme sind Tag für Tag zu bewältigen und dies waren noch harmlose Nummern.

Mich nimmt sowas doch immer noch ganz schön mit. Na mal sehen wo ich dann arbeiten werde und wie ich mit diesen Situationen zurecht komme.
Genug für heute, ahhh, wir haben jetzt unsere Webseite von der Kooperative: www.berlaires.com/kellunkom.